Endstation Pop
REUTLINGEN. Ein »farbenfrohes« Programm versprach Konrad Heinz, als er die Besucher in der Listhalle begrüßte. Der sympathische Leiter des Nachwuchsorchesters (NWO) der Jungen Sinfonie Reutlingen hat nicht zu viel versprochen. Das Sommerkonzert des Orchesters wurde eine hinreißend farbige, spannende, wertvolle und vor allem auch pulsierend junge Angelegenheit, die viel Freude bereitet hat. Auch deswegen, weil das Programm originell gewesen ist und weil es seitens des Orchesters mit sicherem Können und mit erfrischendem Elan präsentiert wurde.
Gleich das erste Stück, Prokofievs Ouvertüre über hebräische Themen, kam mit schöner Präzision und variabler Klanggebung. Die leicht melancholische Grundstimmung wurde durchgehalten. Die Themen, die alle Erzählcharakter besitzen, kamen deutlich und sozusagen persönlich heraus. Die vielen kleinen Repetitionen wurden so behandelt, dass sie dem Ganzen Antrieb und zugleich auch suggestive Kraft bescherten. Kein instrumentaler Gesang der Synagoge war zu hören, aber eine reiche Landschaft alter, sinnenfroher und ernster Melodien tat sich hier auf. In einer Wiedergabe, in der das Helle und das Dunkle fein verwoben gewesen sind.
Den Lückenfüller – wegen Erkrankung musste ein anderes Werk ausfallen – machte Edvard Grieg mit zwei »Elegischen Melodien«. Die Streicher des NWO haben sie klangvoll aus großem Volumen heraus musiziert. Ausdrucksreich entlang einer zarten melodischen Tristesse – mit ein bisschen Wehmut, ein bisschen Süße und immer mit feinem Geschmack für die poetische Tonlage dieser Stücke.
Mit frechen Pointen
Herzhaft, derb, ausgelassen geht es in Strawinskis 2. Suite für Kammerorchester zu, die auf Klavierstücken basiert. Die vier Tänze wurden witzig und mit frechen Pointen musiziert. Mit Lust an der Farbe und am spitzen, herrlich leiernden Bläserklang etwa im »Walzer« und mit lärmendem Schwung im »Galop«.
Junge Menschen sollten junge Musik machen. Das taten die NWOler nach der Pause auf mitreißende und auch musikalisch geballte Weise mit Friedrich Zehms Concerto in Pop für Orchester und Band. Eine tolle, rhythmisch starke und bisweilen auch explosive Wiedergabe von großer klanglicher Faszination und sattem Durchzug, deren Klasse darin bestand, dass Band und Orchester einen verbundenen, gemeinsam agierenden und sich steigernden Klangkörper bildeten. Der nicht auf Wucht gesetzt hat, sondern mit seiner klaren Fülle und seinem vitalen Sound gepunktet hat.
Ausgezeichnet die FeStle-Band mit Steffen Sidiropoulos (E-Gitarre), Stefan Weber (E-Orgel), Felix G. Steiner (E Bass) und Lennart Fleischer (Drums); ein Quartett voller Harmonie, Fantasie und Kraft, das immer die Fahne des Melodischen hochgehalten hat und auch mit brillanten Soli überzeugen konnte. Das ganze Concerto wurde faszinierend schön und druckvoll musiziert. Mit einer fröhlichen Energie, die auch im Saal angekommen ist: Prächtiger Beifall. (hdw)